Kath. Kirche St. Petrus Canisius in Wülfrath-Rohdenhaus
Zeittafel
1905 | Erste Bemühungen für eine Seelsorgestation in (Wülfrath-) Rohdenhaus |
August 1926 | Baubeginn der Rektoratskirche St. Petrus Canisius in (Wülfrath-) Rohdenhaus |
10.04.1927 | Weihe der Rektoratskirche St. Petrus Canisius |
08.01.1953 | Umwandlung der Rektoratsgemeinde Rohdenhaus-Flandersbach in eine Rektoratspfarre |
1959 | Umbauarbeiten, neuer Altar- und Chorraum, Verlängerung des Kirchenschiffs |
12.12.1959 | Weihe durch den Kölner Weihbischof Wilhelm Cleven |
Geschichte
Die Siedlung Rohdenhaus mit ihrer Kath. Kirche St. Petrus Canisius ist ein Ortsteil der Stadtgemeinde Wülfrath und erstreckt sich über ein leicht zum Tal der Anger hin abfallendes Gelände. In Wülfrath-Flandersbach, in unmittelbarer Nähe zum Hofgut Rohdenhaus, gründete 1903 der Industrielle August Thyssen (1842–1926) die Rheinischen Kalksteinwerke Rohdenhaus, und sicherte sich damit ein bedeutendes Rohstoffvorkommen für die Eisen- und Stahlproduktion seiner im Ruhrgebiet gelegenen Werke. Im Jahr 1999 von der Unternehmensgruppe Rheinkalk übernommen, bedecken deren Steinbrüche und Industrieanlagen zur Weiterverarbeitung des geförderten Materials große Teile des Umlandes.
Im Zuge der Betriebsgründung und dem damit verbundenen Zustrom von Arbeitskräften entstand nach 1903 die werksseitig errichtete, in uniformer Bauweise gehaltene Siedlung Rohdenhaus. Da sich die immens anwachsende Arbeiterschaft vor dem Ersten Weltkrieg stark aus Bewohnern südeuropäischer Länder, vor allem Italiener, rekrutierte, gab es um 1910 im Gebiet Rohdenhaus binnen kurzem ca. 600 Katholiken, eine vorher nicht dagewesene Situation. Sie wurden zwar seelsorglich durch ital. Franziskaner über die Pfarre St. Joseph in Wülfrath betreut, da jedoch am Ort kein kath. Gotteshaus zum Abhalten von Messen vorhanden war, blieb der Erfolg insgesamt gering. Abhilfe konnte nur durch einen Kirchenneubau geleistet werden.
Baugeschichte
Schon im Jahr 1905 bemühte sich der damalige Wülfrather Pfarrer Dr. Joh. H. Hermanns (1872–1941) um die Einrichtung einer neuen Seelsorgestation. Die Rhein. Kalksteinwerke, um deren Unterstützung er gebeten hatte, zeigten sich bereit, das Projekt finanziell mitzutragen. Nach 1918 hatte sich die Bevölkerungsstruktur in Rohdenhaus insofern verändert, dass der hohe südeuropäische Anteil unter der Arbeiterschaft einer größeren Zahl deutscher Zuwanderer, vor allem aus Schlesien, gewichen war, womit dennoch das Problem mangelnder katholischer Seelsorge nicht behoben war, denn traditionell und mehrheitlich bekannten sich die Schlesier zum kath. Glauben. Ein erneuter Versuch zur Ankurbelung des Kirchenneubaues begann mit der Gründung des Kapellenbauvereins 1920 unter Pfarrer Hubert Peter Schmitz (1877–1929), der in den Jahren bis 1923 finanzielle Mittel zusammengetragen hatte, doch „die Inflation fraß sie“, wie es in der Pfarrchronik heißt. Dennoch war man mehr denn je von der Notwendigkeit eines Gotteshauses überzeugt, sollte das kath. Leben in Rohdenhaus nicht ganz versiegen.
Von den Rhein. Kalksteinwerken erfolgte die Schenkung des Bauplatzes (3600 qm), dazu Materialbeihilfen in Form von Kalk, Sand und Fundamentsteinen. Von besonderem sozialem Engagement zeugen hier die Initiativen des damaligen Direktors Dr. h. c. Paul Ludowigs (1884–1968). Den letzten Ausschlag zur Verwirklichung des Projekts gab das Versprechen des Kölner Erzbischofs Carl Josef Schulte anlässlich einer Visitation in Wülfrath am 29.4.1926, eine ganze Diözesankollekte und „für einige Jahre“ jährlich 1000 RM zur Schuldentilgung zuschießen zu wollen.
In der Zeit von August 1926 bis April 1927 errichtete die Wülfrather Baufirma Carl Rademacher die Kirche sowie das angeschlossene Pfarrhaus nach Plänen des Regierungsbaumeisters H. Westhofen (Köln). Karl Josef Aretz, der neue Rektoratspfarrer in Rohdenhaus, zelebrierte am 10. April 1927 die erste Messe in dem neuen Gotteshaus, verbunden mit der Weihe, vorgenommen von Dechant Adolf Brandt (1878 1959) aus Elberfeld, und gleich in den Monat der Fertigstellung fiel der Festtag des hl. Petrus Canisius, dem das Patronat über diese Kirche gegeben worden war.
Obgleich in unmittelbarer Nähe zu den Betriebsanlagen der Kalkindustrie errichtet (Flandersbacher Straße), nimmt sich die kleine Kirche St. Petrus Canisius in Kombination mit dem Pfarrhaus als ein idyllischer Ort in trister Umgebung aus. Der schlichte Bau mit gotisierenden Spitzbogenfenstern zu beiden Seiten und dem steilen Satteldach mit aufgesetztem Türmchen ist zugänglich über den Eingang zur Straßenseite, dem ein zweitüriger Windfang an der Stirnseite vorgesetzt ist. Bis zum Jahr 1959 befand sich hier ein offenes Bogenportal. Der Chorabschluss war traditionell polygonal gehalten. Aufgrund der weiter anwachsenden Gemeinde während der Nachkriegszeit und wegen der Beseitigung von Kriegsschäden wurde in der Zeit vom 1.6. bis 12.12.1959 eine Bauerweiterung Vorgenommen.
Der Innenraum
Die Absicht des Architekten, aus dem alten Kirchenraum von 1927 ein Gotteshaus mit modernem Zuschnitt entstehen zu lassen, ist in gelungener Art und Weise umgesetzt worden. Große Spitzbogenfenster mit Wellenmotiven lassen viel, durch Farbglas leicht getöntes, Licht herein. Einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt der gegiebelte Altarraum mit dem Lichtband aus farbigem, französischem Dickglas. Das Lichtband hat der Düsseldorfer Glaskünstler Jochen Poensgen (geb. 1931) entworfen. Durch einfallendes Tageslicht vermitteln die Farbtöne Türkis, Braun, Grau, Blau und Weiß eine Wirkung, die großen Einfluss auf die Wahrnehmung des Innern hat. Reizvoll ist es ebenso, in der Dunkelheit bei erleuchteter Kirche dieses Lichtband von draußen zu betrachten.
Der um eine Stufe angehobene Altarraum dehnt sich heute über die Breite des Gemeinderaumes aus, damit Orgel und Vokalisten untergebracht werden können. An der westlichen Wand bemerken wir eine tonnenförmige Nische, sich bis zur Decke hinaufziehend. Sie ist von Buntglasfenstern durchbrochen; oben erkennt man die Motive Fisch und Mensch, unten lediglich ein Schmuckmotiv. Die Nische dient der Aufnahme einer Gedenkstätte für die Gestorbenen, Gefallenen und Vermissten aus der Gemeinde.
Literatur
- Günter Aders, Quellen zur Geschichte der Städte Langenberg und Neviges in der alten Herrschaft Hardenberg, Neustadt/Aisch o. J.
- Chronik der Rektoratsgemeinde St. Petrus Canisius FlandersbachRohdenhaus, Bd. 1: 1927–1956, Bd. 2: 1956–1992.
- Karl Heinz Maag, Die Italiener in Wülfrath, in: Das Wülfrather Stadtbuch, hrsg. v. Wülfrather Stadtbuch Kreis, Wülfrath 1990.
- Wolfgang Heinrichs/Hartmut Nolte, Lexikon der Wülfrather Kirchengeschichte, Nordhausen 2008.
- Marga Merzenich, Dr. Paul Ludowigs – ein Pionier der Kalkindustrie, in: Das Wülfrather Stadtbuch, Wülfrath 1990.
- Erich Philipp Ploennies, Topographia Ducatus Montani (1715), Berg. Forschungen Band XX, hrsg. v. Burkhard Dietz, Neustadt/Aisch 1988.
- H. F. Schmitten, Wolferothe-Wülfrath, Beiträge zur Geschichte einer niederberg. Stadtgemeinde, Wülfrath 1928.
- Archiv der Stadt Wülfrath.
- Archiv der Kath. Kirchengemeinde St. Maximin, Wülfrath.
- Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Westfalen, Münster.
Impressum
Fotos: Friedemann Fey, Monheim
Original von:
Schnell, Kunstführer Nr. 2815
1. Auflage 2012
© VERLAG SCHNELL & STEINER GMBH REGENSBURG
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Weitere Informationen zum Verlagsprogramm erhalten Sie unter: www.schnell-und-steiner.de
Weitere Informationen
Weitere Informationen, z.B. zur Ausstattung, finden Sie im Kirchenführer St. Petrus Canisius.
Das Heftchen ist zum Preise von 3,--€ in der Kirche (Schriftenstand) oder im Pastoralbüro Goethestr. erhältlich.